Total War: WARHAMMER - Der absolute Kriegshammer!


Lange habe ich mit mir gehadert, wie ich Total War: WARHAMMER bewerten soll. Ich bin ein großer Total-War und Warhammer-Fan, kenne mich mit beiden ziemlich gut aus und meine Bücherregale quellen über vor Regelwerken und Romanen aus dem Warhammer-Universum. Das machte es aber schwer, das Spiel unvoreingenommen zu bewerten. Zu diesem Zweck musste ich erst eine Reihe älterer Total-War-Titel installieren und nochmals spielen, um mich wieder mehr in TW-Stimmung zu bringen. Das hat gedauert.

 

Ich denke, jetzt kann ich mit Fug und Recht behaupten: Total War: WARHAMMER ist ein gutes Spiel. Mit einigen Schwächen.


Autor

alle Artikel von Robert

Bengt Weiberg
Nickname: Hjalfnar_Feuerwolf
Redakteur, Lektor & Youtuber
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Bevor das Spiel erschien, war die Kritik vor allem unter den Fans des historischen Settings der älteren Titel groß. Wie sollte eine Fantasywelt jemals den Reiz und Tiefgang eines historischen Hintergrundes erreichen? Creative Assembly umging dieses Dilemma geschickt: Es wurde gar nicht erst versucht. Das Warhammer-Universum ist gewaltig, auch in Hinsicht auf die fiktive Historie, daher beschränkte man sich in der Präsentation vor allem auf die extremen Unterschiede zwischen den Völkern. Und das ist definitiv gelungen! Nicht zu vergessen, das viele der Völker in mehrere Fraktionen mit eigenen unsterblichen Anführern (wie bei Napoleon) gespalten sind. Vereint man seine Fraktion, bekommt man die einzigartigen Anführer tatsächlich dazu!

Nun zu den Völkern: Vampire marschieren mit Skeletten und Zombies im Gleichschritt auf, begleitet von gewaltigen Gruftbestien aus verschmolzenem Fleisch und Knochen. Tödliche Zauber und Geisterwesen sorgen für Angst und Schrecken beim Feind, während riesige Fledermauswesen Tod und Zerstörung verbreiten. Niemand flieht, aber wehe Nekromanten und Vampire fallen, dann löst sich die Armee einfach auf. Vampirisches Territoium muss erst verseucht werden, damit die Heere nicht auf der Kampagnenkarte zerfallen, und diese Verseuchung erkennt man auch deutlich auf der strategischen Karte, die dann reichlich düster und trostlos wirkt. In verseuchten Gebieten kann man aber, selbst auf feindlichem Territorium, Einheiten beschwören!

Zwerge hingegen verlassen sich auf kräftige, gut gepanzerte Soldaten, durchschlagskräftige Armbrüste und ein gewaltiges Arsenal an Schwarzpulver-, Explosiv- und Flammenwaffen. Während Krieger mit Hämmern, Äxten und Spitzhacken jeden Angriff zurückschlagen, wüten Musketen, Kanonen, Flammenwerfer und sogar Bergwerkssprengladungen in den feindlichen Reihen, und dampfgetriebene Hubschrauber Bomben und heißen Dampf beisteuern. Und hilft alles nichts gegen die feindlichen Monster, werden die Slayer, orangehaarige Berserker, auf den Gegner losgelassen. Für schnelle Bewegungen durchs Gebirge können die Zwerge Tunnel nutzen, was aber nicht immer ungefährlich ist, denn Bewegungen unter der Erde können abgefangen werden. Solche Tunnelschlachten sind aber für den Zwergenspieler eigentlich immer gut, denn Möglichkeiten zum Flankieren hat der Feind kaum, und der Verlierer wird IMMER ausgelöscht. Auch die Orks können Tunnel nutzen.

Die Orks setzen zuallerst auf Nahkampf und Masse, angetrieben von den wohl nahkampfstärksten Helden des Spiels wird der Gegner mit beinharten grünen Riesen überrannt, während die kleineren Goblins am Besten aus dem Hintergrund mit Pfeil und Bogen agieren. Etwas Magie, Wildschweinreiter(!), Wolfskavallerie, Riesenspinnen und Trolle runden das Bild einer nahkampflastigen, aber moralisch etwas wackligen Armee ab. Wird zu lange nicht gekämpft, brechen Streitereien in der Armee aus und es kommt zu Verlusten.

Ganz normale Menschen gibt es auf diesen blutigen Feldern natürlich auch. Das Imperium bietet die klassischen Einheiten auf, die man aus älteren Titeln kenn. Schwertkämpfer, Speerträger, Hellebardiere, Ritter und Kanonen, sowie Demigreifen-Kavallerie, Dampfpanzer und Magier. Moment, was?! Ja, denn in einer Welt voller verrückter Erfindungen und Zauberei muss auch die Menschheit auf solche Tricks zurückgreifen.
Das Königreich Bretonia, aktuell nur im Gefechtsmodus spielbar, liefert dann noch ein klassisches mittelalterliches Heer, mit Bauernspeerträgern, Bogenschützen, Gralsrittern, Triboken und, natürlich, holden Maiden mit magischen Fähigkeiten sowie Pegasusreitern.

Gekrönt wird das ganze durch die ultimative Bedrohung, das Chaos.  Im Laufe der Kampagne gewinnt der Anführer dieser Fraktion, Archaon, langsam an Macht, bis die chaotischen Heere aus dem Norden in die Warhammer-Welt eindringen. Vorsicht, wenn man sie selber spielt, kann das Chaos ziemlich knackig sein, aber auch von der KI geführt ist die hohe Kampfkraft der Horden enorm. Schwer gepanzerte Krieger, höllische Ritter, Barbaren mit Wurfäxten und starke Magier sowie mutierte Monster, Riesen und sogar dämonische Artillerie können Armeen schlagen, die doppelt so viele Männer haben. Und als wäre das nicht genug, kann gar ein gewaltiger Dämon die Reihen des Chaos verstärken, der hunderte Feinde einfach zerfetzt. Auch das Chaos muss feindliche Provinzen verseuchen, um keine Verluste zu erleiden. Da die Chaoskrieger eine Hordenfraktion sind, verwüsten sie nur und rekrutieren ihre Truppen auf dem Marsch, was die Verseuchung extrem wichtig macht.

Im Übrigen hat jede Fraktion ihre eigene Reihe an Questen, Aufträgen und speziellen Schlachten, die mit geskripteten Ereignissen eine wunderbare Fantasystimmung verbreiten und euren Helden spezielle Gegenstände aus dem Hintergrund der Charaktere verschaffen. Das Levelsystem und die Ausrüstungsgegenstände, darunter auch Standarten mit besonderen Eigenschaften für eure Einheiten, motivieren deutlich und treiben zu weiteren Schlachten an. Leider werden diese Gegenstände und Standarten nicht an den Einheiten dargestellt.

Das Gebäudesystem ist noch weiter simplifiziert worden und ähnelt stark dem von Rome 2 und Attila. Einerseits gewinnt dadurch das Spiel an Zugänglichkeit und wird so Neueinsteiger keinesfalls überfordern. Zusätzlich gibt es in vielen Provinzen einzigartige Gebäude, die auf dem Hintergrund des Warhammer-Universums basieren, wie die Magierakademien von Altdorf.
Andererseits fehlen viele Synergieeffekte zwischen verschiedenen Gebäudeketten. Bei den Militärgebäuden braucht man zwar vielleicht ab und an mehrere verschiedene Bauten, um die besten Einheiten zu bauen, solche Möglichkeiten fehlen bei Wirtschaftsgebäuden aber völlig.
Immerhin hat jede Fraktion so ihre eigenen speziellen Gebäude, das Imperium baut Kasernen und Kanonenschmieden, die Vampire Beingruben und Gruften, die Orks große Haufen geraubten Goldes und Totempfähle.

Die Weltkarte ist eine direkte Umsetzung der Karte der Alten Welt von Warhammer Fantasy und bietet einiges an Klima- und Geländezonen. Im eisigen Norden, der von den Chaoskriegern und Chaosbarbaren berherrscht wird, liegen große Vulkane und Eiswüsten, im Zentrum der Alten Welt dominieren grüne Wiesen, große Wälder und die imperialen Städte, während im Süden und Osten die Gebirge der Zwerge und das Ödland der Orks liegen. Eine große Vielfalt an Schlachtlandschaften ist so garantiert. Große vergebene Chancen sehe ich bei den Stadtschlachten, diese funktionieren zwar besser als in Rome 2 oder Attila, da sich nun nur eine Mauer mit Türmen quer über die Karte zieht, gleichzeitig nimmt es vor allem den großen Städten viel von ihrem Charme. Wenigstens die Fraktionshauptstädte hätten hier eigene, besondere Karten verdient gehabt, da von vielen im Hintergrund Stadtpläne und genaue Beschreibungen existieren. Leider passt auch das Gelände auf der Kampagnenkarte nicht immer zu den Schlachtfeldern, sehr schade. Hinzu kommt, dass man nicht einfach die ganze Karte erobern kann. Zwerge können keine Städte auf dem platten Land erobern, im Gegenzug ist es Vampiren, Menschen und Chaos nicht möglich, im Gebirge zu bauen. Jede Fraktion kann allerdings Siedlungen und Städte völlig vernichten, um dem Gegner eine Provinz erst einmal zu verweigern, denn der Wiederaufbau ist langwierig und teuer..

Das Balancing der Einheiten und Fraktionen ist mitunter etwas wacklig, vor allem die Vampire mit ihren sich vollständig auflösenden Einheiten sind reichlich frustrierend (Tipp: Gruftschrecken). Die Orks walzen vor allem zu Beginn etwas zu leicht den Gegner nieder und allgemein sind Fernkämpfer etwas sehr stark geraten. Magie ist zum Glück nicht übermächtig und die großen Monster, wie Drachen, Riesen etc. können durchaus gefällt werden. Helden sind mir persönlich ein Dorn im Auge, da sie irgendwann einfach übermächtig werden, der Ork-Fraktionsführer Grimgork metzelte einmal 800 Mann meiner Armee im Alleingang nieder, nachdem seine Armee geflohen war. Außerdem sind die Anführer manchmal zwei Köpfe größer als ihre Gefolgsleute. Was bei Orks (werden größer durch Kämpfe) und Chaos (Mutation) durchaus noch Sinn macht, wirkt vor allem bei Zwergen und Menschen leicht lächerlich.
Leider fehlen Seeschlachten komplett, was ich persönlich sehr schade finde. Diese spielten im Tabletop nie eine große Rolle, im Hintergrund aber durchaus. Mit zwergischen Dampfschiffen und imperialen Koggen gegen Vampir-Geisterschiffe und Chaos-Drachenboote anzutreten wäre ziemlich cool gewesen. So hat man nur direkt aufs Wasser marschierende Armeen, deren Schiffsicons dann gegen feindliche gewasserte Armeen Autoschlachten schlagen.

Diplomatie und Handel laufen wie gewohnt sehr nüchtern ab, immerhin verhält sich die KI durchaus sinnig und versucht vor einer Niederlage oft, einen Frieden mit gewaltigen Tributzahlungen zu erkaufen. Gebrochene Verträge werden von allen Fraktionen bemerkt und senken die Reputation, außerdem sind einige Parteien auf den Tod verfeindet, wie Imperium und Chaos oder Zwerge und Orks. Sehr schön: Fraktionen, die zum gleichen Volk gehören, können durch gute Beziehungen oder militärischen Druck zum Fraktionsbeitritt bewegt werden und schließen sich dann dem Spieler (oder auch der KI!) an, mitunter samt einer starken Armee.

Die Forschung ist insgesamt eher unspektakulär gehalten, neue Einheiten oder Gebäude schaltet man si nicht frei, das läuft komplett über die Gebäudeketten. Trotzdem ist sie wichtig, sonst gerät man schnell ins Hintertreffen bei Steuereinnahmen, Kampfkraft und Fraktionsboni.

Der Multiplayer kommt gewohnt zweigeteilt daher. Während man im Gefechtsmodus seine Armeen auswählt und gegeneinander antritt, bietet der Kampagnenmodus wieder die Option, kooperativ oder kompetitiv mit einem anderen Spieler zu agieren. Hier kann man auch wieder Teile der eigenen Armee an den Koop-Partner übergeben oder im Falle einer Versuspartie kann der feindliche Spieler das Kommando über die KI-Truppen des gegnerischen Heeres übernehmen. So bleiben beide Varianten des Kampagnenmodus auch für den Anderen spannend.

Mein Fazit lautet also nun...puh. Insgesamt ist es ein gutes Total War, die KI funktioniert großteils sehr gut, flankiert mit Kavallerie und pickt sich auch gerne einmal schwache Glieder in der Front heraus, um selbige zu durchbrechen. Fliegende Monster stürzen sich mit Vorliebe auf die Artillerie hinter der Schlachtlinie und Helden setzen ihre Fähigkeiten durchaus gut ein. Die bekannte suizidale Mentalität der Generale bricht manchen Armeen dabei aber mitunter das Genick, vor allem bei Imperium, Orks und Vampiren. Trotzdem macht es einen Heidenspaß und wer bereit ist, sich vom rein historischen Kontext der bisherigen Titel etwas abzuwenden und einfach mal andere Welten kennenzulernen, wird hier mit einer bisher ungekannten Vielfalt von Einheiten und Taktiken und gerade dadurch sehr spannenden Schlachten belohnt. Wenn CA jetzt noch bei den Gebäuden und Stadtkarten etwas nachbessert, werde ich mit Begeisterung weiterspielen.

P.S.: Heute wurde bekannt, dass die Tiermenschen als nächstes ihren Weg ins Spiel finden werden. Außerdem sollen ja für die Zukunft zwei weitere große Teile erscheinen, die bei Besitz der jeweils anderen Spiele die Kampagnenkarte insgesam vergrößern. Damit dürfte die Erweiterung der Kampagnenkarte um das Zwei- bis Dreifache nichts im Weg stehen, denn so groß sind die relevanten Gebiete der Tabletopvorlage. Von den Völkern der Hoch-, Dunkel- und Waldelfen, Echsenmenschen, Amazonen, Skaven, Oger und Khemri-Untoten ganz zu schweigen.

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