Im vierten Teil meiner Serie gehe ich näher auf die GUI bei Civilization Beyond Earth ein.
Wenn Ihr Anregungen oder Kommentare habt, dann schreibt diese einfach hier unter diesen Artikel rein.
Autor
Oliver Weidemann
Autor & Civilization Spezialist
Die Civ-Reihe auch mit seinen Ablegern Colonization hat seine Erfolge stets mit einem Feature gefeiert, das wir auch in CivBE wiederfinden: Felder mit unterschiedlichen Eigenschaften. Sie fordern der Spieler dazu auf sich länger mit der Landkarte zu befassen und nicht nur im militärischen, sondern auch im Sinne des friedlichen Städtebauers. Dieses Feature bietet abseits des strategischen Elements zugleich Raum für Ästhetik und Imagination.
Die Kartenlandschaft
Eine Varianz an Terraintypen ermöglicht und erfordert zugleich eine höheres Maß an grafischer Abgrenzung. Je mehr unterschiedliche Terrain-typen zusammenkommen, desto höher wird der grafische Aufwand. Gleichzeitig steigt das Potential für ein ästhetisches Spiel. Dennoch sollte das Interface in einem für sich schon komplexem Spiel für einen Spieler nicht zusätzlicher Quell für Verwirrung und Frust sein.
Zu viele Feldeigenschaften sind insbesondere für den Einsteiger abschreckend. Wenn es viele unterschiedliche Feldeigenschaften gibt müssen sie ästhetisch (und auch geografisch) sinnvoll aufeinander abgestimmt sein. Eine kantenscharfe
Trennung der Grafik, wie sie auch noch vor
20 Jahren zu finden war, ist immer mehr einem weichen Übergang gewichen. Die Entwicklung begann mit dem kantenscharfen schwarz-weiss Muster eines Schachfeldes, geht über ein abwechslungsreiche Rasterkarte bis hin zu den schönen Landkarten, die uns heute präsentiert werden und uns vergessen lassen, dass es sich eigentlich „nur“ um ein Feldraster handelt.
Die weiche Kantenschärfe der Landschaft wird mit der hohen Schärfe von Landes-/ Kulturgrenzen gemischt. Die Entwickler müssen stets abwägen, ob sie sich mehr dem ästhetischen Wert, der strategischen Übersichtlichkeit und der Spieltiefe durch die Anzahl der unterschiedlich möglichen Feldeigenschaften entscheiden.
Die verschiedenen Spielertypen fordern andere Gewichtungen in diesem Spannungsfeld: Der Einsteiger erfreut sich sowohl an der Ästhetik der Kartenlandschaft und fordert vor allem Übersichtlichkeit. Strategen und Schnellspieler legen auch hierauf besonderen Wert, gewichten aber die Ästhetik weniger hoch ein.
Eine hohe Anzahl an Feldeigenschaften ermöglicht ein aus differenzierteres und abwechslungsreicheres Spiel, das Vielspieler höher einschätzen.
Die Feldeigenschaften
Das Terrain
Wie bereits angedeutet besitzt jedes Feld eigene Eigenschaften und in Kombination mit seinem Umfeld ist es daher einzigartig. Damit die Spielübersicht erhalten bleibt, müssen die gleichen Terraintypen möglichst eindeutige Symbole/ Farben aufweisen, so dass Terrainfelder auf den ersten Blick einem Typus zugeordnet werden können. Hierbei darf die Uniformität der Felder mit gleichem Terrain aber nicht zu hoch sein, da sonst die Karte monoton und eintönig erscheint.
Generell wird zwischen Wasser und Landfelder unterschieden. Hybride aus Land und Wasserfeldern sind in CivBE nicht vorgesehen. Zum weiteren Standardrepertoire des Terrains zählen neben Wasserfeldern noch Grassland, Tundra und Wüstenfelder, also klimatische Zuteilungen. Einflussfaktoren sind in der Regel nur Temperatur und Niederschlag, die sich dann auf den Terraintypen und die Vegetation auswirken.
Für die meisten Terraintypen besteht die Möglichkeit für weitere Geländefeatures: Zu den „natürlichen“ Features gehören z.B. Hügel und Wäldern, daneben menschliche Feldaufbauten wie Bauernhöfe oder Festungen. Wenige unterschiedliche Untergründe/Terrainfelder bieten eine höhere Übersicht, viele verschiedene Feldlayer können ästhetisch wertvoll sein aber bei zu hoher Anzahl auch verwirren oder erschlagen. Wenn zusätzlich durch einen anderen Bewuchs auch noch andere Felderträge oder Defensivboni einhergehen, muss sich der Spieler sehr intensiv mit dem „Land“/Geographie auseinandersetzen. Für Spiele mit einem höheren Wirtschafts- oder einem stärkeren taktischen Militärbezug verwendet man dieses Feature. Colonization auf der Basis der Civ4 Engine ist hier ein Beispiel bei dem es neben „vollständigen“ Wäldern auch Buschland als eigenständiger Terrainbewuchs einprogrammiert war.
Ein Element auf Physischen Karten ist das Höhenniveau relativ zum Meeresspiegel. Für Strategen ist dies von außerordentlicher Bedeutung: Militärische Einheiten auf höhergelegenem Terrain haben z.B. ein besseres Sichtfeld. Dem wird in CivBE zum Teil Rechnung getragen: Hügelfelder erhöhen z.Bsp. die Verteidigungsfähigkeit von Einheiten. Dieses Element ist allerdings sehr reduziert und nur in Form von wenigen Abstufungen erkennbar: Flachland, Hügellandschaft und Bergregion. SMAC besaß ein richtiges Höhenprofil und arbeitete mit diesem Feature: Berge beeinflussten den Niederschlag und damit die landwirtschaftlichen Erträge. Niederungen und dort liegende Städte konnten geflutet werden, per UN-Beschluss! Proxy hat einige solcher Features für Pandora im Verlauf eingearbeitet... wir dürfen gespannt bleiben, ob Firaxis sich dem auch annimmt.
Nichts bleibt wie es ist...
Die Kartenlandschaft ist eine der Säulen der Globalstrategie: Schon bei Civ1 (1991) und Master of Magic (Simtec, 1994) haben die Spielentwickler den Spielern die Möglichkeit eingeräumt, die Kartenlandschaft zu verändern. Direkte Eingriffe etwa über Zaubersprüche oder Bautrupss konnten der eigenen Fraktion einen entschiedenden Vorteil bringen und sind bei den Spieler sehr beliebt. Negative Einflüsse auf das eigene Territorium (Fallout von Atomwaffen) durch Gegner werden in Kauf genommen. Veränderungen, die mehr indirekt (Umweltverschmutzung und Folgen von Klimawandel) oder völlig zufällig (Meteoriteneinschlag) auftreten, mögen Spieler dagegen weniger und sind öfter ein Grund für ein Griff nach dem Savegame.
Feldaufbauten
Das Herz des Weltenbauers schlägt höher, wenn sein Schaffen sichtbar wird, sichtbar in Form von Feldaufbauten und Erweiterungen. Zu den Felderweiterungen zählen bei CivBE Städte, Außen- und Handelsposten, Aufbauten der menschlichen Fraktionen, wie Farmen aber auch Aliennester und eher „temporäre Erweiterungen“ wie Archäologische Ausgrabungsstellen und Ressourcen-Landungskapseln. Bei der grafischen Darstellung muss der Spieleentwickler hier Aufbautenlayer entwickeln und ggf. animieren. Diese gestalten die Spieloberfläche interessanter und vertiefen die Interaktionsfähigkeit mit dem Haupt-Interface.
Die wichtigste Felderweiterung ist die Stadt. Bisher ist es nur möglich auf Landfeldern Städte zu erzeugen, die Engine erlaubt aber theoretisch auch das Errichten von Städten auf Wasserfeldern. In CivBE können Felder nur von einer Stadt aus bewirtschaftet werden und Erträge liefern, so dass das Hauptaugenmerk des Spielers auf die Verteilung und Ausprägung der Städte und ihrer Umgebung (Feldaufbauten) gelenkt wird.
Jedes Feld kann potentiell Ressourcen erzeugen. Diese Produktionseigenschaften können durch Aufbauten verändert werden, um Erträge zu steigern etwa mehr Nahrung durch Bauernhöfe. Eine Kombination
von mehreren Feldaufbauten wie es in SMAC der Fall war, ist nicht vorgesehen. Die einzige Ausnahme bei CivBE ist der Bau von Verkehrsinfrastruktur. Diese ermöglicht eine schnellere Bewegung und
kann auf den meisten Landfeldern neben anderen Verbesserungen errichtet werden.
Eine Reduktion der Anzahl der unterschiedlichen Feldaufbauten bietet dem Spieler mehr Übersicht, kann allerdings auch zu einer eintönigen Oberfläche in der näheren Umgebung
der Städte führen. Je mehr Feldaufbauten und Ressourcen in einer Simulation integriert sind, desto mehr nähert sie sich der Realität an, aber wird auch umso komplexer und unübersichtlicher. Nicht nur der Spieler muss sich bei der Ertragsverbesserung entscheiden. Eine gute KI hierfür zu programmieren ist eine Herausforderung. Eine Herausforderung, die mit wachsender Anzahl von möglichen Feldverbesserungen noch komplexer wird, und für den Einsteiger nahezu unüberschaubar wird insbesondere wenn mehrere Feldaufbauten zugleich auf einem Feld errichtet werden dürften.
Bei CivBE folgt Firaxis der Maxime „Weniger ist Mehr“. CivBE legt hier viel Wert auf Verständlich- und
Übersichtlichkeit. Für Städte sind die Erträge auch bei unterschiedlichen Terraintypen mitunter gleich und es wird auch nicht zwischen unterschiedlichen Waldtypen unterschieden.
Zur weiteren Übersichtlichkeit kann man sich direkt am Curser einen Tooltip zu dem Geländefeld, der alle Feldeigenschaften in schriftlicher Form anzeigen lassen.
Ressourcen
Die verschiedenen Ressourcen werden über Piktogramme dargestellt, so dass sich dem Spieler Felderträge schneller erschließen. Für das Ressourcen-Management des Spielers ist es entscheidend, dass er sich schnell eine Übersicht über die Potentiale eines Gebietes machen kann.
Ein weiteres Element ist die Anzahl der Ressourcen, die mit zunehmender Zahl den Schwerpunkt immer mehr in Richtung Wirtschaftssimulation verschiebt. In CivBE gibt es 12 verscheiden Ressourcen: 3
Standard-,
3 Höherwertige und 6 Strategische Ressourcen. Die häufigsten vorkommenden Standardressourcen sind Nahrung, Industrieproduktion und Energie. Höherwertige Ressourcen sind Kultur, Forschung und Gesundheit. Diese werden zum größten Teil aus den Städten heraus durch Stadtgebäude erzeugt. Einige Felder können diese Ressourcen durch Feldverbesserungen oder Technologien im Verlauf des Spieles ebenfalls bereitstellen. Es gibt auch so genannte Bonusressourcen, welche aber nur den Ertrag der bisher genannten Ressourcen erhöhen. Zuletzt gibt es bei CivBE sechs strategische Ressourcen, die einer Fraktion Vorteile eröffnen und auch zwischen den Fraktionen handelbar sind. Strategische Ressourcen ermöglichen den Bau von Einheiten oder Gebäuden, die sonst nicht erreichtet werden können.
Diese strat. Ressourcen sind größtenteils auf dem Planetenansicht als Lagerstätten erkennbar. Für einige strat. Ressourcen benötigt man eine entsprechende Technologie, um diese Ressource aufzudecken und abzubauen. Eine Fraktion erhält eine kleine Anzahl dieser strategischen Ressource, sobald eine Lagerstätte erschlossen – also die entsprechende Feldverbesserung errichtet – und im Einflussbereich der Fraktion liegt. Damit erhalten gerade diese Felder mit Lagerstätten strategischer Ressourcen eine besonderen Wert, der den Blick des Spielers auf diese Felder lenkt. Dabei ist es außerordentlich wichtig, ob ein bewirtschaftetes Feld alle Ressourcen erzeugt (wie bei CivBE) oder ob der Spieler sich für eine Ressource entscheiden muss, wie dies in Colonization (auch Col) der Fall ist. Universal bewirtschaftete Felder (CivBE) sind für den Nutzer leicht zu steuern. Bei einem monostrukturellen Ertrag (Col) muss sich der Spieler intensiver mit der Wirtschaft auseinandersetzen. Alleine über die Felderträge kann man auf über das Ressourcenmanagement erheblichen Einfluss auf Spiel nehmen.
Die Grafische Lösung zur Datenflut in Bezug auf die Ressourcen im Hauptinterface bieten Extra-Layer, wie das Ertrags-Raster, dass dem Spieler die (hier Ressourcen-) Symbole auf den Feldern und die momentanen Erträge anzeigt. Der Spieler kann dieses und andere Layer bei Bedarf an- und abschalten. Dem Ressourcenmanagement, will ich spater widmen, wenn wir uns dem Stadtmanager zuwenden. Stattdessen wenden wir unseren Blick lieber zu all den blinkenden Objekten über uns.
CivBE und die 3.Dimension
Die Spiele der Civ-Reihe ermöglichten dem Spieler bisher nur in 2 Dimensionen zu agieren. Bei CivBE hat man sich entschieden dem Spieler die dritte Dimension zu öffnen, in kleinen
Schritten.
In CivBE wurde eine Orbitalebene eingerichtet; eine Ebene über der Oberfläche, ein Spielfeld auf der andere Regeln gelten. Die Einführung einer Orbitalebene ist allerdings keine Spielneuheit, sondern eine Feature aus dem letzten Jahrtausend:
Activision hatte in „Civilization: Call to Power“ (1999) und in „Call to Power 2“ die Orbital und eine Unterwasserebene/Meeresboden schon eingeführt auf denen man sogar wirtschaften konnte. Die einzelnen Ebenen interagierten aber sehr geringfügig miteinander.
CivBE bietet bisher nur wenige Aktionsmöglichkeiten auf der Orbitalebene. Anders als in Call to Power ist die Orbital-Ebene in CivBE als Unterstützungsebene für die Oberflächenebene ausgelegt. Man kann vom Orbit auf die Oberflächen-Ebene Einfluss nehmen.
Will man verschiedene Aktionsebenen in ein Spiel einrichten, muss man sich über den Übergang von einer Ebene zur nächsten Gedanken machen. Die wohl einfachste Möglichkeit ist ein identisches Raster über das Oberflächenraster zu legen. Dabei wären für die dritte Dimension viele andere Möglichkeiten denkbar...
Man kann nicht nur die Feldgröße/die Anzahl der Felder variieren lassen, sondern auch in andere geometrische Formen wechseln.
Sobald die Türe zu anderen Aktionsebenen aufgestossen ist, kann man verleitet sein, dieses Feature noch weiter öffnen. Mehr als nur zwei Ebenen bot schon Outpost (Sierra, 1994). Dabei war es nicht der Orbit, sondern der Untergrund in den man seine eigene Station erweitern konnte.
Zurück zu CivBE. Hier sind die Eigenschaften der Felder auf der Orbitalebene stark reduziert: Nur die Nachbarschaft zu Feldern der Oberflächenebene und damit die Einflussmöglichkeit auf
diese Felder sind für den Spieler von Interesse.
Bei CivBE kann man die Orbitalebene nahezu nur mit geostationären Satelliten nutzen. Diese sind leicht zu managen. Geostationäre Satelliten
bewegen sich im Orbit um den Planeten mit der exakt nötigen Geschwindigkeit, so dass sie stets über einer konkreten Punkt über dem Planeten zu schweben scheinen. Damit können sie eine Region
unterhalb ihrer Position überwachen und beeinflussen. Andere Satellitenumlaufbahnen um den Planeten, die etwa bei der Vermessung/ Spionage mehr Vorteile bieten, sind bisher nicht
implementiert.
CivBE bietet eine solide Kartenlandschaft; für Weltenbauer aber tatsächlich ohne nenneswerte Neuerungen. Das „neue“ 3D-Management-Konzept mit den übersichtlichen Handlungsoptionen bewahrt
Newcomer und Programmierer vor Frust. Denn gerade zu viele unterschiedliche Aktionsebenen bergen die Gefahr in sich, dass man den Überblick verliert oder die Möglichkeiten einer Ebene
unterschätzt und dieses Feature zeitweise oder gänzlich vernachlässigt. Nicht vernachlässigen werden wir Spiellogik und Spielspaß. Der nächste Teil „Auf dass uns nicht der Himmel auf den Kopf
fällt“ wird die Auswirkungen von Technologie und Raumfahrt auf die Realität und die CivBE Spielwelt näher unter die Lupe nehmen.
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