von Oliver Weidemann
Über das GUI (Generel User Interface)
Civilization Beyond Earth ist ein Rundenbasiertes Strategiespiel. Der Fokus des Spiels liegt auf dem Management und dem Aufbau eines Reiches auf einem Planeten. Das wichtigste Interface hierfür ist die Planetenkarte.
Civilization "Beyond Earth" ist ein Rundenbasiertes Strategiespiel. Der Fokus des Spiels liegt auf dem Management und dem Aufbau eines Reiches auf einem Planeten. Das wichtigste Interface hierfür ist die Planetenkarte. Während der Spielzeit verbringen die Spieler hier die meiste Zeit. Man beobachtet die Stationierung von freundlichen und feindlichen Einheiten, plant die Bewegungen der eigenen militärischen Kompanien, weist Zivilisten Handelsrouten oder Bauprojekte zu und verändert durch Modernisierungen auch die Beschaffenheit des Raumes. Nehmen wir uns ein wenig Zeit und gehen auf die Beschaffenheit dieses Interfaces ein.
Um einen Überblick über den Planeten zu bekommen kann man über die Planetenoberfläche ein Raster von Feldern anlegen und jedem Spielfeld unterschiedliche Eigenschaften zuweisen. Welche Rastereigenschaften wählt man aus? Wie wichtig und groß ist ein einzelnes Feld? Gibt es „nur“ 64 Felder wie auf einem regulären Schachbrett oder sind es zwischen 100 und 250 oder gar mehrere Millionen Polygone, so dass die Bedeutung eines Feldes unwichtig wird? Alle Regeln, die mit diesen Feldern in Verbindung gebracht werden sind für das Spielgefühl besonders wichtig. Darunter fallen Bewegungsregeln für Einheiten, Ressourcen- und Ausbauregeln für Produktionsstätten, Städte oder Handelsposten, Kampfmodifikatoren bei Schlachten und nicht
zu vergessen der ästhetische Stil. Für das Spielgefühl macht es natürlich einen großen Unterschied, ob Raumschiffe aus Titan und Stahl mit 16-bit und 256 Farben eine Forschungsbasis mit Raketen auseinander nehmen oder ob Orks mit Keulen und Feuer einem Bergfried in einer 3D- Grafik zu Leibe rücken. Als Designer muss man sich heute den Kopf über die bildlichen Übergänge zwischen verschiedenen Landschaftstypen und über Bewegungsanimationen zerbrechen.
Der Spieler muss als Kolonist, Städtebauer und Militärstratege sich auf dem Interface zurecht finden und die Felder sowie ihr Umfeld bewerten können. Wo befinden sich strategische wichtige Orte und warum sind sie wichtig? Liegt es an Ihrer Beschaffenheit oder an ihrem Umfeld? Ein Beispiel: In der Reihe Age of Empires ist es, mit wenigen Ausnahmen, gleichgültig auf welchen Untergrund eine Farm gebaut wird. Bei CivBE hingegen variiert der Ertrag aufgrund von Feldeigenschaften. Doch bevor wir direkt in die Tiefen eintauchen, nähern wir uns wie die Weltraum-Kolonisten langsam dem Planeten und betrachten ihn in seiner ganzen Pracht.
Die Projektion
Aus der Ferne gesehen bilden alle Felder zusammen ein Raster. Daraus entstehen Abbilder/ Projektionen der Planetenoberfläche. Versucht man eine Kugel (drei Dimensionen) auf eine Ebene (zwei Dimensionen) zu pressen, entstehen Verzerrungen.
Bei CivBE nutzt man die Zylinderprojektion.
Nachteil dieses Projektionsprinzips ist, dass es unmöglich wird, Einheiten über den unteren und oberen Kartenrand hinweg zu bewegen. Die Zylinderprojektion lässt die Polbereiche der Karte (oben/unten) viel größer erscheinen als
sie es tatsächlich sind. Das wohl bekannteste Beispiel für die Verzerrung ist diese Weltkarte: Grönland ist im Vergleich zu Afrika zu groß dargestellt. In der Realität findet es nahezu 14 mal auf der Fläche von Afrika Platz.
Der Taktiker könnte sich beschweren. Durch die Beschneidung der Karte am oberen und unterem Rand durch das „Ewige Eis“ kann man sich sozusagen den Rücken frei halten, auf einer Kugel undenkbar. Zudem gelingt eine Umkreisung in Polnähe in Realität wesentlich schneller als am Äquator. Beides kann für einen militärischen Aufmarsch von Bedeutung sein.
Die Entwickler haben sich für diese Art von Karte und Raster wahrscheinlich aus mehreren Gründen entschieden, die vielfach mit der Spielbalance oder der eigenen Spieltradition in Verbindung stehen. Alle Vorläufer haben bewiesen, dass das Publikum mit derlei Karten umzugehen weiß und diese Art der Karten-Verzerrung für den Spieler in einer Partie nicht weiter von Bedeutung sein muss. Dieser Typ von Karte ist übersichtlich und leicht zu handhaben.
Bei CivBE wird je nach Einstellung der Kartengröße ein Raster mit wenigen hundert Feldern bis hin zu mehreren tausend Feldern generiert. Die Anzahl der Felder ist also noch ausreichend gering ausgelegt, so dass einzelne Felder eigene Eigenschaften besitzen und dies für das Spiel von Bedeutung ist. Eine der wichtigsten Eigenschaften jedes Feldes ist die
Nachbarschaft.
„Die wahre Kunst der Voraussicht liegt in der Wahl der Nachbarn .“
(Chin. Sprichwort)
Seit Civ5 nutzt Firaxis ein hexagonales Design, dass auch in CBE verwendet wird. In älteren Titel der Civilization-Reihe findet man ein Raster aus Rechtecken. Hexfelder und Rechtecke haben unterschiedlich viele Nachbarn. Die Anzahl der Nachbarn verändert die Interaktion der Felder zueinander. Als sich Firaxis 2010 bei Civ5 für die Hexfelder entschieden hat, war dies für Globalstrategiespiele eine Neuheit, für Strategiespieler dagegen kalter Kaffee:
Auch das Brettspiel Gettysburg aus dem Jahre 1958 und für PC Spiele möchte ich an die Titel Battle Isle (1991) und Panzer General (1994) erinnern. Heute ist die Nutzung von Hexfeldern in Globalstrategiespielen Standard geworden.
Sind Hexfelder nun besser als Rechtecke? Warum nutzt man Rechteck-Raster? Was sind die Vorteile? Manche Gründe sind ziemlich offensichtlich und kultureller Natur: Die Bekanntheit von Rechtecken in anderen Brett-Spielen wie Schach oder Dame. Am Computer ist die Datenzuteilung und -auswertung, also die Programmierung mit Rechtecken einfacher zu bearbeiten. Ein entscheidender Unterschied zwischen den beiden Rastern liegt, wie man sich denken kann, in der Form der Felder und der Anzahl der Nachbarn.
Ein Hexfeld hat sechs Kanten und sechs Nachbarn, in einem Rechteck-Muster dagegen hat jedes Feld vier Kanten aber acht Nachbarn. Acht? Vier Rechtecke grenzen direkt, die nächsten vier Felder liegen nur an den Ecken an. Daher ergeben sich vier direkte und vier indirekte Nachbarfelder, deren Feldmitte damit unterschiedlich weit auseinander entfernt liegen, was wiederum Auswirkungen auf Bewegungs- und Reichweitenregeln hat.
Für den Taktiker etwa:
Verschiebt man Einheiten in der Diagonale, kann man viel mehr Territorium überwachen als wenn man Einheiten in direkt anliegenden Felder bewegt. Sollen für diesen taktischen Vorteil die Bewegungskosten in der Diagonale erhöht werden? oder verringert man die Nachbarschaft auf vier Felder? Wie soll ein Feld grafisch aussehen und zu wie vielen angrenzende Nachbarn soll man Sichtkontakt haben? Man muss sich nicht nur mit Bewegungsregeln auseinander setzen, sondern auch mit der Bewirtschaftung. Nicht nur Spiele-Entwickler sondern auch Verwaltungsbeamte haben sich schon mit Reichweiten etwa bei der Versorgung auseinander gesetzt. Eine grundlegende wissenschaftlichen Standorttheorie ist die der Zentralen Orte.
Christaller, aber auch Lösch, befasste sich in den 1940ern mit der Problematik der Versorgung des Raums. Sie greifen auf die noch ältere Therorie von v.Thünen zurück. Bei Raumbeziehungen um ein Zentrum wird mit Kreisen gearbeitet. Die naheliegendere geometrische Form zum Kreis ist nicht das Rechteck, sondern das Hexfeld. Hexfelder bilden ein schlüssiges Konzept ohne Reichweitendiskriminierung. Jedes Feld in so einem Raster hat grundsätzlich gleich attraktive Nachbarn. Sind Hexfelder also generell die besseren Nachbarn...?
Je nach betrachteten Raum können Rechtecke doch günstiger sein, insbesondere dann, wenn der Spielplan rechteckige Räume (wie in Gebäuden) enthält. Aufgrund der 60°- Verschiebung bei Hexfeldern kann ein quadratischer Raum nur unzureichend abgebildet werden.
Für CivBE hat dieser Nachteil wenig Bedeutung, da wohl keine quadratischen (Makro-) Strukturen eingebaut werden. Doch zurück zu der Frage ob Hexfelder die besseren Nachbarn sind. Dafür müssen wir uns das gesamte Raster anschauen.
Die Erde ist eine Kugel, äh ein Band...?
Wie bereits gezeigt verwendet Firaxis die Zylinderprojektion für CivBE und aufgrund des Balanceaktes zwischen Spielkomfort und Realismus. Die Spieler sind durch die Vorgänger gewohnt und auch im Interface ergibt das Kartenraster ein einheitliches Bild. Die Problematik der Pole und der wirklichen Form eines Planeten wird durch das ewige Eis ausgeblendet.
Dennoch ist ein Teil der Civ-Community das Für und Wider einer Kugel diskutiert, und damit auch die Frage nach den besseren Nachbarn aufgenommen. Versucht man auf einer Kugel eine Stück Papier zu legen, entstehen zwangsläufig Knicke und Falten, die übertragen sich sowohl bei einem rechteckigen als auch bei einem Hex-Raster hervortreten werden. Ein gängiges Problem sind Einheiten, die mal einerseits zur Hälfte im Gelände verschwinden oder ein Stück darüber schweben, und analog auch beim Übergang von mehreren Geländefeldern. Diese Grafikfragmente bedeuten mehr Programmieraufwand.
Zudem herrschen leider an den Polen (und an einigen wenigen Punkten) veränderte Nachbarschaftsbedingungen, die grafisch nur schwer oder gar unlösbar sind.
Für den Spieler bedeutet dies, dass man auf diese Gegebenheit achten muss und Quell für Überraschungen und Missmanagement sein können. Dies liegt an „Unregelmäßigkeiten“ im Raster. Das Polfeld im Rechteck-Raster hat ungleich mehr Nachbarn; im Hexfeld-Raster dagegen ermöglichen sich mehrere Varianten:
Einmal hat ein Pol nur 5 Nachbarn in einem anderen Beispiel zwar 6 direkte Nachbarn aber im 2.Ring nur 10 anstatt 12 Nachbarn.
Daraus resultieren andere taktische Möglichkeiten, die für den Gelegenheitsspieler aber auch für Vielspieler ein Quell von Frustration sein kann. Um nicht zu verwirren wird man daher bei Firaxis wahrscheinlich noch lange auf eine Kugelprojektion in der Civ-Reihe warten.
Aber wird man auch in Zukunft auf einem Band gefangen bleiben? Nicht zwingend. Hier hat wiederum die Konkurrenz, Proxy Studios gezeigt, dass es auch anders geht. Die Spielwelt auf Pandora ist streng genommen keine Kugel, dennoch besteht hier die Möglichkeit nach Norden/Süden über den Kartenrand zu ziehen. In dem Spiel Planetary Annihilation von Uber Entertainment wird auf einer Kugel gespielt, der Spieler kann den Planeten in seiner Gänze vom All aus betrachten und sogar andere Planeten und Monde im System besiedeln. Jedoch arbeitet Uber auch mehr mit bedeutsamen strategischen Punkten in einer ansonsten eher gleichmäßigen Planetenoberfläche und weniger mit dem bedeutsamen Inhalt von Feldeigenschaften.
Ein Teil des Erfolges der Civ-Reihe steckt im Grundgerüst des Haupt-Interfaces mit seiner hohen Übersichtlichkeit (Zylinder-Projektion), aber mehr noch in seiner Spieltiefe, dem Thema des nächsten Beitrags, Artikel 4: Stille Wasser sind tief. GUI, die 2. Feldeigenschaften.
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Adela Wynter (Sonntag, 22 Januar 2017 06:16)
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