Meilensteine der Konfliktsimulationen – Kampfgruppe (SSI)

von Oberst W. Klink

 

Wer sich noch an die „Goldenen Zeiten“ der Homecomputer Mitte der 80-er Jahr erinnern kann und sich schon damals gerne mit Konfliktsimulationen beschäftigt hat, für den waren die Spiele aus dem Hause SSI das Non-plus-ultra. Einer der zahlreichen Titel dieser Softwareschmiede hat es mir und sicherlich vielen anderen KoSim-Spieler damals besonders angetan – Kampfgruppe. Kampfgruppe war 1985, dem Erscheinungsjahr, die wohl erste richtige Umsetzung, des im Jahr 1970 von Avalon Hill herausgegebenen Brettspiels „Panzer Blitz“.

Das Thema bei Kampgruppe und Panzer Blitz sind Kampfhandlungen zwischen den Einheiten der deutschen Wehrmacht und der Roten Armee in den Jahren 1941 – 1945 an der Ostfront . Im Spiel werden die Einheiten als eine Sektion oder Gruppe von Geschützen, Pak, Mörser, Panzerkampfwagen, Sturmgeschütze, Panzerjäger und Infanteriegruppen auf einem bis zu 60 x 60 Felder großem Schlachtfeld, wobei jedes Spielquadrat 200 Yards groß ist, dargestellt. Eine Spielrunde, je nach Szenario, kann bei Kampfgruppe bis zu 40 Züge andauern, wobei jeder Zug in 4 sogenannte Impulse, die jeweils 30 Sekunden Spielzeit simulieren, unterteilt sind.

 

Um zu verstehen warum man Kampfgruppe von SSI als eine Art Meilenstein der KoSims, ja im gewissen Sinne sogar als Ur-Vater von Spielen wie Steel Panthers, usw. bezeichnen kann, sind folgende innovative Elemente die in die Entwicklung dieser KoSim mit eingeflossen sind:

WEGO System – Kampfgruppe ist in zwei Spielphasen unterteilt, bei der man als erstes seine Befehle an die Einheiten, sei es nun eine einzelne Infanteriegruppe oder dem ganzen Infanteriezug, usw. erteilt und diese dann in der Ausführungsphase durchgeführt werden. Die Befehle beider Seiten werden simultan, im Gegensatz zum IGOUGO System (Deu.: Ich ziehe, du ziehst), ausgeführt. Man muss also schon während der Befehlsphase überlegen was der Gegner vorhat und dies in seine Befehlsausgabe miteinbeziehen.

Sichtregeln (Line of Sight) & Kommunikationsreichweite (Command Control)
Ob man feindliche Einheiten während der Ausführungsphase entdecken kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab – Ob eine Einheit stationär ist und beobachtet, wie schnell oder wie langsam sich die eigene oder die feindliche Einheit bewegt, die entsprechende Blickrichtung, in welchem Terrain sich die Einheiten befinden, usw. Des Weiteren beeinflusst auch die Entfernung von den Hauptquartieren zu den unterstellten Einheiten das Kampfverhalten und wie lange es dauert entsprechende Befehle so schnell wie möglich umzusetzen. Verliert man ein HQ, dann gibt es dafür einen Malus der zu Verzögerungen führt.

Feuer oder Bewegung (Fire or Movement) & in Deckung gehen (Suppression)
Die Einheiten bei Kampgruppe feuern nicht während der Bewegung; es wird immer ein kurzer Stop eingelegt wenn eine feindliche Einheit erkannt wurde und das Feuer eröffnet wird. Beschossene Einheiten können durch intensives Feuer dadurch veranlasst werden in Deckung zu gehen. Je intensiver das Feuer, desto unwahrscheinlicher wird es das die getroffene Einheit das Feuer auch erwidern kann. Die Intensität des Feuers hängt vom entsprechenden Kaliber der Waffe(n) und auch der Anzahl der Geschütze, Panzer, usw. ab.

Szenario – und Karteneditor
Man hat außer den vier ursprünglich mit ausgelieferten Szenarien, Brjansk Juli 1942, Stalingrad Dezember 1942, Kiew November 1943, Küstrin März 1945, die Möglichkeit, bei Kampfgruppe, seine eigenen Gefechte mit Hilfe des Szenario- und Karteneditors zu erstellen. Man legt die Anzahl der Punkte fest, die man für verschiedene historische Kampfformationen ausgeben kann, entscheidet sich für die Art des Gefechts, z.B. Angriff (Assault), Verteidigung (Defence), Verzögerung (Delay), Verfolgung (Pursuit) oder ein Aufeinanderzutreffen (Meeting Engagement), platziert die Einheiten manuell oder automatisch auf der Karte, die sich übrigens auch modifizieren lassen, und vieles andere mehr.

 

Auch wenn das Spiel nach heutigen Maßstäben eine sehr krude Grafik, Soundeffekte und vielleicht umständlich Steuerung (kein Joystick, nur Keyboard mit den berüchtigten 1-8 Taste für das Bewegen des Cursors) hat, so gehört Kampfgruppe auch heute noch zu den Klassikern, die man gerne mit Hilfe eines von vielen C=64, Atari 800, usw. Emulatoren spielt. Zwei, bzw. drei Jahre später wurden die übrigens mehr als nur würdigen Nachfolger, Panzer Strike! (1987) und Typhoon of Steel (1988) von SSI veröffentlicht, die mit einer Reihe von noch innovativeren Spielfeatures (250 verschiedene Waffensysteme, Möglichkeit zum Kampagnenspiel, verschiedene Kriegsschauplätze wie Westfront, Ostfront, Nordafrika, Pazifik) wirklich punkten konnten. Wer das nächste Mal Steel Panthers oder andere taktische KoSims spielt, der sollte sich doch bitte an das Spiel erinnern mit dem alles angefangen hat.

 

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